
Herzlich Willkommen!
Wenn wir vor einer Skulptur stehen, zum Beispiel von Michelangelo, sind es nicht nur unsere Augen, sondern es ist unsere Fantasie, die dieser Skulptur Leben einhaucht. Dann scheint sie kurz davor zu sein, sich zu bewegen und das Gefängnis des Steins zu verlassen. Je länger wir sie aber anschauen, desto mehr haben wir das Gefühl, daß sie uns ansieht, um es mit Rilke zu sagen. Wenn wir unsere Perspektive verändern und um die Skulptur herumgehen, verändern wir sie, da mit jedem Schritt neue Aspekte vorscheinen. Und erst, wenn wir einmal herumgegangen sind - frühestens dann - wird unsere Vorstellungskraft ein Gesamtbild erzeugt haben. Dieses wird nicht nur genährt von dem, was wir eben wahrgenommen haben, sondern auch von unserer Erfahrung, unseren Erinnerungen, unseren Erwartungen und unserem Wissen. Das sind die Saiten, auf denen unsere sinnliche Wahrnehmung spielt.
Wenn Sie die Skulptur als Allegorie für die Musik begreifen, verstehen Sie möglicherweise, was mich an ihr so sehr begeistert und warum ich mich fast mein ganzes Leben mit ihr beschäftige. Es ist das Faszinosum der ihr innewohnenden Gesetze, die einfach sind und doch geheimnisvoll bleiben, die sich über Jahrhunderte halten und sich doch ständig verändern. Mag ein Werk noch so vertraut sein: indem wir es mit kindlicher Neugier betrachten, bereiten wir ihm die Möglichkeit, sich selbst immer wieder neu zu erschaffen. So gesehen gibt es nur neue Musik, mag sie auch noch so alt sein. Das Werk fordert uns immer wieder auf, die Perspektive zu wechseln. Das ist das Geschenk der Musik an uns: unsere vitale Kreativität immer wieder neu zu wecken.
Der Dichter Novalis schrieb einmal: "Wohin gehen wir? Immer nach Hause." Und lassen Sie mich hinzufügen: "Wo stehen wir? Immer am Anfang."
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